
Urologie
Häufige und typische Krankheitsbilder
ProstatakarzinomHäufigkeit und Risikofaktoren
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern in Deutschland. Das Risiko steigt mit dem Alter, insbesondere ab 50 Jahren. Eine familiäre Vorbelastung und bestimmte ethnische Hintergründe können das Risiko erhöhen.
Früherkennung
Die aktuelle Leitlinien empfehlen Männern ab 50 Jahren, mit ihrem Arzt über die Möglichkeit eines PSA-Tests zur Früherkennung zu sprechen. Bei familiärer Vorbelastung sollte dieses Gespräch bereits ab 45 Jahren stattfinden. Der PSA-Test misst ein Protein im Blut, das von der Prostata produziert wird, und kann Hinweise auf Prostatakrebs liefern.
Diagnostik
Bei auffälligen PSA-Werten oder verdächtigen Befunden bei der Tastuntersuchung kann eine Gewebeprobe (Biopsie) der Prostata notwendig sein. Moderne Bildgebungsverfahren wie die multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) können dabei helfen, verdächtige Bereiche genauer zu identifizieren. Mehr Informationen über ambulanten MRT Fusionsbiopsien im Salem Krankenhaus finden sie hier.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie hängt vom Stadium und der Aggressivität des Tumors ab:
- Aktive Überwachung: Bei langsam wachsenden Tumoren kann eine regelmäßige Kontrolle ohne sofortige Behandlung sinnvoll sein.
- Operation: vollständige Entfernung der Prostata (radikale Prostatektomie) ist eine Option für lokal begrenzten Krebs. Mehr Informationen über die Prostataoperationen im Salem Krankenhaus finden Sie hier.
- Strahlentherapie: Externe Bestrahlung oder Brachytherapie (interne Bestrahlung) können ebenfalls effektiv sein.
- Moderne Kombinationstherapie: Bei metastasiertem Prostatakrebs, also wenn sich der Tumor bereits im Körper ausgebreitet hat, kommen systemische Therapien wie Hormontherapie, Chemotherapie oder neuartige Medikamente zum Einsatz.
Die Wahl der Therapie sollte individuell und in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen.
Nachsorge
Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen sind wichtig, um ein mögliches Wiederauftreten des Krebses frühzeitig zu erkennen. Diese beinhalten PSA-Tests und gegebenenfalls weitere diagnostische Maßnahmen.
Häufigkeit und Risikofaktoren
Blasenkrebs ist die fünfthäufigste Krebserkrankung in Europa und tritt vor allem bei Menschen über 65 Jahren auf. Männer sind etwa dreimal häufiger betroffen als Frauen. Der größte Risikofaktor ist Rauchen, das in bis zu 50 % der Fälle als Ursache gilt. Weitere Risiken sind der berufliche Kontakt mit chemischen Stoffen (z. B. in der Gummi-, Chemie- und Farbindustrie), chronische Blasenentzündungen und bestimmte Medikamente.
Früherkennung
Eine frühe Diagnose verbessert die Heilungschancen. Das erste Warnzeichen ist oft Blut im Urin (Hämaturie), sehr häufig ohne Schmerzen. Bei Verdacht werden eine Urinuntersuchung, Ultraschall und eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) durchgeführt. Ergänzend kann eine Urinzytologie oder eine multiparametrische Bildgebung (CT oder MRT) eingesetzt werden.
Diagnostik
Eine Sicherung erfolgt in der Regel durch eine ambulante Harnröhren- und Blasenspiegelung.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie hängt vom Stadium des Tumors ab:
- Nicht-muskelinvasiver Blasenkrebs (frühes Stadium): Entfernung des Tumors durch transurethrale Resektion (TURB). Mehr Informationen über diese Operationstechnik im Salem Krankenhaus finden Sie hier. Zur Vorbeugung von Rückfällen kann eine intravesikale Therapie mit Chemotherapie Mitomycin (MMC) oder Bacillus-Calmette-Guérin (BCG) erfolgen.
- Muskelinvasiver Blasenkrebs:Häufig ist eine radikale Zystektomie (Entfernung der Blase) mit künstlicher Harnableitung notwendig. Mehr Informationen über diese Operationstechnik im Salem Krankenhaus finden Sie hier. Alternativ kann eine Radiochemotherapie als blasenerhaltende Behandlung erwogen werden.
- Metastasierter Blasenkrebs: Behandlung mit Chemotherapie, Immuntherapie oder zielgerichteten Therapien, um das Wachstum zu verlangsamen und Symptome zu lindern.
Nachsorge
Blasenkrebs hat ein hohes Rückfallrisiko, daher sind regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen entscheidend. Diese beinhalten wiederholte Blasenspiegelungen, Urinanalysen und Bildgebung je nach individuellem Risikoprofil. Die Nachsorge kann über mehrere Jahre erfolgen, um Rückfälle frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu behandeln.
Häufigkeit und Risikofaktoren
Das Nierenzellkarzinom (RCC) ist die häufigste Form von Nierenkrebs und macht etwa 2–3 % aller Krebserkrankungen bei Erwachsenen aus. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, und das Risiko steigt mit dem Alter, insbesondere ab 60 Jahren. Wichtige Risikofaktoren sind Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck und genetische Veranlagungen. Auch bestimmte erbliche Syndrome können das Risiko erhöhen.
Früherkennung
Da das Nierenzellkarzinom in frühen Stadien meist keine Symptome verursacht, wird es oft zufällig bei Ultraschall- oder CT-Untersuchungen entdeckt. Es gibt keine etablierten Screening-Programme, aber bei Risikopatienten mit familiärer Vorbelastung kann eine regelmäßige Bildgebung sinnvoll sein.
Diagnostik
Bei Verdacht auf ein Nierenzellkarzinom erfolgt eine bildgebende Diagnostik mittels Ultraschall, CT oder MRT der Nieren. Diese Verfahren helfen, die Größe und Ausdehnung des Tumors zu bestimmen. Eine Gewebeentnahme (Biopsie) wird meist nur bei unklaren Befunden durchgeführt, da viele Tumoren anhand der Bildgebung gut eingestuft werden können. Ergänzend werden Blut- und Urintests durchgeführt, um die Nierenfunktion zu überprüfen und andere Erkrankungen auszuschließen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Wahl der Therapie richtet sich nach Tumorstadium, Allgemeinzustand des Patienten und individuellen Faktoren.
- Lokalisiertes Nierenzellkarzinom (Tumor auf die Niere begrenzt): Chirurgische Entfernung, die bevorzugte Behandlung ist die organerhaltende Entfernung des Nierentumors, heutzutage minimal-invasiv (laparoskopisch/roboterassistiert). Mehr Informationen über diese Operationstechnik im Salem Krankenhaus finden Sie hier. Alternativ können ablative Verfahren (z. B. Kryotherapie, Radiofrequenzablation) Patienten die nicht operiert werden können, angeboten werden.
- Fortgeschrittenes oder metastasiertes Nierenzellkarzinom: Systemische Therapie: Bei Ausbreitung des Tumors auf andere Organe werden zielgerichtete Medikamente (z. B. Tyrosinkinase-Inhibitoren) oder Immuntherapien (Checkpoint-Inhibitoren) eingesetzt. Zytoreduktive Nephrektomie: In bestimmten Fällen kann die Entfernung der Niere das Ansprechen auf systemische Therapien verbessern.
Nachsorge
Nach der Behandlung ist eine regelmäßige Nachsorge notwendig, um Rückfälle frühzeitig zu erkennen. Je nach Risiko umfassen die Nachsorgepläne körperliche Untersuchungen, Bildgebung (CT, MRT, Ultraschall) und Laborwerte in bestimmten Zeitintervallen.
Häufigkeit und Risiken
Das Karzinom des oberen Harntrakts (Upper Tract Urothelial Carcinoma, UTUC) ist eine seltene Form von Harnwegskrebs, die das Nierenbecken und den Harnleiter betrifft. Es macht etwa 5–10 % aller Urothelkarzinome aus und tritt häufiger bei Menschen über 65 Jahren auf. Wichtige Risikofaktoren sind Rauchen, chronische Harnwegsinfektionen, berufliche Exposition gegenüber chemischen Substanzen (z. B. aromatische Amine in der Chemieindustrie) und genetische Erkrankungen wie das Lynch-Syndrom.
Früherkennung
Es gibt keine standardisierten Früherkennungsprogramme für UTUC. Ein frühes Warnzeichen ist häufig Blut im Urin (Hämaturie), das nicht von Schmerzen begleitet sein muss. Weitere Symptome können Flankenschmerzen, häufige Harnwegsinfekte oder unklare Gewichtsabnahme sein.
Diagnostik
Die Diagnosestellung erfolgt durch eine Urinuntersuchung auf Krebszellen (Urinzytologie) sowie bildgebende Verfahren wie CT-Urografie oder MRT zur Beurteilung des Tumors. Eine Harnleiterspiegelung (Ureteroskopie) mit Gewebeentnahme (Biopsie) hilft bei der genauen Bestimmung der Tumorart und -ausdehnung.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie richtet sich nach der Lokalisation, Größe und Aggressivität des Tumors.
- Lokal begrenzte Tumoren: Kleine Tumoren können mit endoskopischer Resektion (minimal-invasive Laserablation oder elektrochirurgische Entfernung) behandelt werden. In manchen Fällen erfolgt eine lokale Instillationstherapie mit Mitomycin oder BCG zur Senkung des Rückfallrisikos.
- Fortgeschrittene Tumoren oder Hochrisiko-UTUC: Die Standardbehandlung ist eine radikale Nephroureterektomie, also die Entfernung der betroffenen Niere und des gesamten Harnleiters. Mehr Informationen über diese Operationstechnik im Salem Krankenhaus finden Sie hier. Eine perioperative Chemotherapie kann das Rückfallrisiko senken und wird insbesondere bei aggressiven Tumoren empfohlen.
Nachsorge
Aufgrund des hohen Rückfallrisikos sind regelmäßige Nachuntersuchungen essenziell. Dazu gehören Urinanalysen, bildgebende Kontrollen (CT-Urografie, Ultraschall) und endoskopische Untersuchungen der Blase (Zystoskopie), da ein erhöhtes Risiko für Blasenkrebs besteht.
Häufigkeit und Risikofaktoren
Das Hodenkarzinom ist der häufigste bösartige Tumor bei jungen Männern im Alter zwischen 15 und 40 Jahren, bleibt insgesamt aber eine seltene Krebserkrankung. Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt, aber es gibt bekannte Risikofaktoren. Dazu gehören ein Hodenhochstand (Maldescensus testis) in der Kindheit, eine familiäre Vorbelastung und bestimmte genetische Veränderungen.
Früherkennung
Eine frühzeitige Diagnose verbessert die Heilungschancen erheblich. Männer sollten regelmäßig ihre Hoden auf Knoten oder Verhärtungen abtasten. Erste Anzeichen können eine schmerzlose Schwellung oder eine tastbare Verhärtung im Hoden sein. Bei Verdacht wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Ergänzend werden Tumormarker im Blut bestimmt, darunter Alpha-Fetoprotein (AFP), Beta-HCG und LDH.
Diagnostik
Besteht der Verdacht auf ein Hodenkarzinom, wird der betroffene Hoden operativ entfernt (Orchiektomie) und histologisch untersucht. Eine weitere Diagnostik, einschließlich CT von Lunge, Abdomen und Becken, klärt, ob der Krebs sich ausgebreitet hat. Die Ergebnisse bestimmen die weitere Behandlung.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie richtet sich nach dem Tumortyp (Seminom oder Nicht-Seminom) und dem Stadium der Erkrankung.
- Frühes Stadium (auf den Hoden begrenzt): Operative Entfernung des betroffenen Hodens (Orchiektomie). Engmaschige Nachsorge oder ergänzende Chemotherapie/Bestrahlung bei Risikofaktoren.
- Fortgeschrittenes Stadium (mit Lymphknotenbefall oder Metastasen): Kombination aus Chemotherapie und eventuell weiterer Operationen zur Entfernung von Metastasen. In gut ausgewählten Fällen können die Patienten von einer Bestrahlung profitieren.
Hodenkarzinome sprechen sehr gut auf Chemotherapie an, sodass selbst fortgeschrittene Fälle oft geheilt werden können.
Nachsorge
Nach der Behandlung sind regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen erforderlich, um ein mögliches Wiederauftreten des Tumors frühzeitig zu erkennen. Die Nachsorge umfasst Blutuntersuchungen auf Tumormarker, bildgebende Verfahren wie CT oder Ultraschall sowie klinische Untersuchungen in festgelegten Intervallen über mehrere Jahre.
Häufigkeit und Risikofaktoren
Das Peniskarzinom ist eine seltene, aber aggressive Krebserkrankung, die vor allem Männer über 60 betrifft. Die wichtigsten Risikofaktoren sind eine anhaltende Infektion mit dem Humanen Papillomavirus (HPV), mangelnde Intimhygiene, chronische Entzündungen (z. B. Balanitis), Rauchen und Phimose (Vorhautverengung).
Früherkennung
Eine frühzeitige Erkennung verbessert die Heilungschancen deutlich. Erste Anzeichen sind oft nicht heilende Geschwüre, Knoten oder Verhärtungen an der Eichel oder Vorhaut. Auch Juckreiz, Brennen oder Blutungen können auftreten. Betroffene sollten frühzeitig einen Urologen aufsuchen, da sich das Karzinom sonst ausbreiten kann.
Diagnostik
Zur Diagnose werden eine klinische Untersuchung, eine Gewebeentnahme (Biopsie) und bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder MRT durchgeführt. Falls der Verdacht auf eine Tumorausbreitung besteht, erfolgt eine zusätzliche CT- oder MRT-Untersuchung der Lymphknoten und inneren Organe.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie hängt vom Stadium des Tumors ab.
- Frühes Stadium (auf die Eichel oder Vorhaut begrenzt): Chirurgische Entfernung des Tumors unter Erhalt des Penis, falls möglich. Lasertherapie oder lokale Chemotherapie (z. B. mit Imiquimod oder 5-FU-Creme) in sehr frühen Stadien.
- Fortgeschrittenes Stadium (Tumorwachstum in tiefere Gewebeschichten oder Lymphknotenbefall): Teilweise oder vollständige Penisamputation je nach Ausdehnung des Tumors, Lymphknotenentfernung bei Verdacht auf Metastasen, Strahlentherapie oder Chemotherapie in bestimmten Fällen zur Reduktion der Tumormasse oder bei Metastasen.
Nachsorge
Regelmäßige Nachkontrollen sind essenziell, da das Risiko für ein Wiederauftreten des Tumors hoch ist. Die Nachsorge beinhaltet klinische Untersuchungen, Bildgebung und ggf. Laboruntersuchungen. Bei fortgeschrittenen Stadien können langfristige Rehabilitationsmaßnahmen und psychologische Unterstützung hilfreich sein.
Häufigkeit und Risikofaktoren
Das Harnröhrenkarzinom ist eine seltene Krebserkrankung, die sowohl Männer als auch Frauen betreffen kann, wobei Männer häufiger betroffen sind. Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter. Wichtige Risikofaktoren sind chronische Harnwegsinfektionen, langanhaltende Harnröhrenverengungen (Strikturen), frühere Strahlentherapie im Beckenbereich, humane Papillomavirus-Infektionen (HPV) sowie Rauchen.
Früherkennung
Da das Harnröhrenkarzinom selten ist, gibt es keine standardisierten Früherkennungsprogramme. Erste Anzeichen können Schmerzen oder Blut im Urin, ein tastbarer Knoten, Harnverhalt oder Harnstrahlveränderungen sein. Bei diesen Symptomen sollte umgehend eine urologische Abklärung erfolgen.
Diagnostik
Die Diagnose umfasst eine klinische Untersuchung, eine Harnröhrenspiegelung (Urethroskopie) mit Gewebeentnahme (Biopsie) und bildgebende Verfahren wie MRT oder CT zur Bestimmung der Tumorausdehnung. In manchen Fällen wird eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) durchgeführt, um eine Beteiligung der Blase auszuschließen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Therapie richtet sich nach Tumorstadium, Lokalisation und Ausbreitung.
- Frühes Stadium (Tumor auf die Harnröhre begrenzt): Chirurgische Entfernung des Tumors mit Erhalt der Harnröhre, falls möglich. Lasertherapie oder lokale Chemotherapie in bestimmten Fällen.
- Fortgeschrittenes Stadium (Tumorwachstum über die Harnröhre hinaus oder Lymphknotenbefall): Teilweise oder vollständige Entfernung der Harnröhre mit Rekonstruktion oder Umleitung des Urins. Strahlentherapie oder systemische Chemotherapie bei größeren Tumoren oder Metastasen.
Nachsorge
Nach der Behandlung sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen wichtig, um ein Wiederauftreten des Tumors frühzeitig zu erkennen. Diese beinhalten bildgebende Untersuchungen, Urinanalysen und endoskopische Kontrollen der Harnröhre und Blase.
Häufigkeit und Risikofaktoren
LUTS (Lower Urinary Tract Symptoms) betrifft etwa 60–70 % der Gesamtbevölkerung, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen. Die Häufigkeit steigt mit dem Alter, von etwa 8 % bei Männern im Alter von 31–40 Jahren auf bis zu 90 % bei 90-Jährigen.
Früherkennung
LUTS ist eine multifaktorielle Erkrankung mit verschiedenen Ursachen. Zu den häufigsten gehören:
- Benigne Prostatahyperplasie (BPH)
- Harnröhrenstrikturen (Verengungen der Harnröhre)
- Überaktive oder unteraktive Blase
- Neurogene Blasenentleerungsstörungen (z. B. durch neurologische Erkrankungen wie Parkinson oder Multiple Sklerose)
- Blasentumore
- Harnwegsinfektionen
Diagnostik
Die Anamnese spielt eine zentrale Rolle bei der Diagnose von LUTS. Internationale Leitlinien empfehlen die Verwendung von validierten Fragebögen zur Erfassung der Symptome. Gängige Fragebögen sind:
- International Prostate Symptom Score (IPSS)
- International Consultation on Incontinence Questionnaire (ICIQ)
- Dänischer Prostate Symptom Score (DAN-PSS)
Ein Miktionsprotokoll über drei Tage kann helfen, Speicher- und Entleerungsprobleme zu dokumentieren, insbesondere Nykturie (nächtliches Wasserlassen).
Zusätzliche Untersuchungen:
- Tastuntersuchung der Prostata zur groben Abschätzung der Prostatagröße
- Ultraschall (TRUS) zur genauen Bestimmung von Größe, Form und Struktur der Prostata und Samenblasen
- Restharnmessung per Ultraschall (Grenzwert: 50 ml Restharn) zur Beurteilung der Blasenentleerung
- Uroflowmetrie zur Messung des Harnflusses (empfohlen bei Miktionsvolumen > 150 ml)
- Zystoskopie oder Urodynamik bei speziellen Indikationen
Behandlungsmöglichkeiten
Lebensstiländerungen und pflanzliche Therapie
Patienten mit milden Symptomen können durch Ernährungsumstellung, Gewichtsreduktion, Reduktion koffeinhaltiger Getränke und Beckenbodentraining eine Besserung erreichen. Pflanzliche Präparate (Phytotherapie) können unterstützend wirken.
Medikamentöse Therapie
Verschiedene Medikamente können je nach Symptomen eingesetzt werden:
- Alpha-1-Blocker (Tamsulosin, Doxazosin, Terazosin) → verbessern Harnfluss und reduzieren Entleerungssymptome (Wirkung innerhalb weniger Tage, Nebenwirkungen: niedriger Blutdruck, abnormale Ejakulation).
- 5α-Reduktase-Hemmer (Finasterid, Dutasterid) → verkleinern die Prostata langfristig, empfohlen bei vergrößerter Prostata (>40 ml), Wirkung erst nach Monaten, mögliche Nebenwirkungen: Libidoverlust, erektile Dysfunktion.
- Anticholinergika (Oxybutynin, Tolterodin, Darifenacin) → verhindern übermäßige Blasenkontraktionen, geeignet bei Drangsymptomatik (Nebenwirkungen: Mundtrockenheit, Verstopfung, Schwindel).
- Beta-3-Sympathomimetika (Mirabegron) → erhöhen die Blasenkapazität, reduzieren Harndrang und Inkontinenz (Nebenwirkungen: Harnwegsinfekte, erhöhter Puls).
- PDE-5-Hemmer (Tadalafil) → bei LUTS-Patienten mit erektiler Dysfunktion, verbessert Symptome, beeinflusst aber nicht den Harnstrahl.
Kombinationstherapie
Eine Kombination von Alpha-Blockern und 5α-Reduktase-Hemmern wird bei schweren LUTS (IPSS > 20) und vergrößerter Prostata empfohlen. Alpha-Blocker und Anticholinergika können kombiniert werden, wenn Drangsymptome zusätzlich zur Blasenentleerungsstörung bestehen.
Chirurgische Therapie
- Transurethrale Resektion der Prostata (TUR-P): Goldstandard bei Prostatavergrößerung, minimalinvasiv durch die Harnröhre durchgeführt.
- Bipolare TURP: Alternative mit physiologischer Kochsalzlösung als Spülmedium, verringert das Risiko eines TUR-Syndroms.
- Prostataadenomektomie: Empfohlen bei sehr großen Prostatadrüsen (>80–100 ml), Entfernung der Prostataadenome durch offene Operation.
- Minimalinvasive Lasertherapie (HoLEP, ThuLep, Greenlight-Laser, ThuVEP): Reduziert das Risiko von Blutungen und Inkontinenz.
Neue minimalinvasive Therapien
- UroLift (Prostatagewebe-Retraktoren): Bei Männern, die ihre Ejakulation erhalten möchten.
- iTIND (Implantat zur Harnröhrenerweiterung): Remodelliert die Harnröhre für eine verbesserte Urinausscheidung.
- Aquablation: Entfernt Prostatagewebe mit Wasserdruck unter Ultraschallkontrolle.
- Rezūm-Wasserdampftherapie: Verdampft überschüssiges Prostatagewebe, Langzeitergebnisse sind noch nicht ausreichend erforscht.
Nachsorge
LUTS kann chronisch verlaufen, daher sind regelmäßige ärztliche Kontrollen notwendig. Die Therapie sollte individuell angepasst und bei Bedarf verändert werden.
Häufigkeit und Risikofaktoren
Blasenentleerungsstörungen können als Folge verschiedener neurologischer Erkrankungen auftreten und betreffen einen großen Teil der betroffenen Patienten. 60–80 % der Schlaganfallpatienten entwickeln neurourologische Symptome, die bei rund 80 % innerhalb von sechs Monaten abklingen. Bis zu 25 % der Alzheimer-Patienten leiden unter Harninkontinenz. Fast 50 % der Parkinson-Patienten zeigen Symptome der Blasenentleerungsstörung. Auch Multiple Sklerose, Spina bifida, periphere Neuropathien sowie degenerative oder traumatische Rückenmarksverletzungen können die Blasenfunktion erheblich beeinträchtigen und stellen eine besondere Herausforderung für die neurourologische Behandlung dar.
Früherkennung
Da neurourologische Blasenfunktionsstörungen oft schleichend auftreten, ist eine frühzeitige Erkennung entscheidend, um Folgeschäden wie Harnwegsinfektionen, Nierenfunktionsstörungen oder eine Überdehnung der Blase zu vermeiden. Warnzeichen sind unter anderem: Plötzlicher oder häufiger Harndrang, unfreiwilliger Urinverlust (Harninkontinenz), Schwierigkeiten, die Blase vollständig zu entleeren, Restharngefühl oder Harnverhalt oder wiederkehrende Harnwegsinfektionen. Personen mit neurologischen Erkrankungen sollten frühzeitig regelmäßige neurourologische Kontrollen in Betracht ziehen, um eine frühzeitige Diagnose und Therapie zu ermöglichen.
Diagnostik
Die Anamnese ist der erste Schritt in der Diagnostik und sollte sowohl urologische als auch neurologische, sexuelle und gastrointestinale Symptome erfassen. Ergänzend erfolgen:
- Neurologische Untersuchung, oft in Zusammenarbeit mit einem Neurologen
- Urin- und Blutuntersuchungen zur Beurteilung von Infektionen oder Nierenfunktionsstörungen
- Spezifische Fragebögen zur Erfassung der Symptome
- Miktionsprotokolle zur Dokumentation von Blasenfüllung und -entleerung
Zur genaueren Beurteilung der Blasenfunktion stehen folgende Untersuchungen zur Verfügung:
- Ultraschalluntersuchung zur Bestimmung von Restharn und Blasenkapazität
- Uroflowmetrie zur Messung des Harnflusses
- Urodynamische Untersuchungen (Blasendruckmessung, Druck-Fluss-Studie) zur detaillierten Analyse der Blasenentleerung
- Zystoskopie zur Beurteilung anatomischer Veränderungen der Harnröhre oder Blase
Therapie
Konservative Maßnahmen
Ein erster Ansatz ist eine nicht-invasive Therapie, die je nach Art der Blasenfunktionsstörung Folgendes umfassen kann:
- Neurourologische Rehabilitation mit gezieltem Blasentraining
- Unterstützte Blasenentleerung durch Bauchpresse oder Trigger-Entleerung
- Elektrostimulation zur Verbesserung der Blasenfunktion
Medikamentöse Therapie
Aufgrund der Komplexität der Erkrankung wird häufig eine Kombinationstherapie aus mehreren Medikamenten eingesetzt:
- Anticholinergika (z. B. Oxybutynin, Tolterodin) → Reduktion unkontrollierter Blasenkontraktionen
- Beta-3-Adrenozeptor-Agonisten (z. B. Mirabegron) → Erhöhung der Blasenkapazität zur Reduzierung von Harndrang
- Alpha-Blocker (z. B. Tamsulosin) → Verbesserung der Blasenentleerung bei obstruktiven Symptomen
Intermittierender Selbstkatheterismus (ISK)
Für Patienten mit unvollständiger Blasenentleerung kann der intermittierende Selbstkatheterismus (ISK) eine effektive Methode sein, um Restharn zu vermeiden und Harnwegsinfektionen vorzubeugen.
Operative Therapie
Falls konservative und medikamentöse Behandlungen nicht ausreichen, kommen chirurgische Verfahren in Betracht:
- Botox-Injektionen in die Blase zur Reduktion einer überaktiven Blasenmuskulatur
- Implantation eines künstlichen Schließmuskels zur Verbesserung der Harnkontrolle
- Blasenaugmentation (Vergrößerung der Blasenkapazität) zur Verbesserung der Speicherfunktion
Nachsorge
Eine regelmäßige Nachsorge ist essenziell, um langfristige Komplikationen wie Nierenfunktionsstörungen oder wiederkehrende Infektionen zu vermeiden. Empfohlen werden: jährliche urologische und neurologische Kontrolluntersuchungen, urodynamische Reevaluation, um die Therapie bei Bedarf anzupassen sowie bildgebende Untersuchungen zur Beurteilung der Nierenfunktion.
Häufigkeit und Risikofaktoren
Die erektile Dysfunktion (ED) ist die anhaltende Unfähigkeit, eine für den Geschlechtsverkehr zufriedenstellende Erektion zu erreichen oder aufrechtzuerhalten. Die Erektion ist ein komplexes Zusammenspiel aus Nerven-, Blutgefäß- und Hormonsystem. Die Prävalenz steigt mit dem Alter, wobei viele Fälle multifaktoriell bedingt sind. Man unterscheidet zwischen organischer, psychogener und gemischter ED, wobei die meisten Fälle auf eine Kombination verschiedener Ursachen zurückzuführen sind.
Wichtige Risikofaktoren für ED sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte und periphere Gefäßerkrankungen. Diabetes mellitus, Übergewicht und Bewegungsmangel spielen ebenfalls eine Rolle. Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sind bekannte Faktoren, die die Gefäßgesundheit beeinträchtigen und eine ED begünstigen. Auch eine Prostatavergrößerung oder urologische Operationen wie die radikale Prostatektomie oder Blasenentfernung erhöhen das Risiko. Bestimmte Medikamente, darunter Blutdrucksenker, Diuretika und Antidepressiva, können ebenfalls zu einer Erektionsstörung führen. Psychische Ursachen wie Depressionen, Angststörungen und Stress haben einen signifikanten Einfluss. Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson, Rückenmarksverletzungen oder ein Schlaganfall können ebenfalls zu einer ED führen.
Früherkennung
Die ersten Anzeichen einer ED treten oft schleichend auf. Betroffene bemerken häufig eine Abnahme der Erektionshärte oder -dauer sowie eine reduzierte Häufigkeit von morgendlichen oder spontanen Erektionen. Auch eine verminderte sexuelle Lust kann ein Hinweis sein. Da ED oft ein Frühzeichen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist, sollte eine ärztliche Abklärung frühzeitig erfolgen.
Diagnostik
Die Diagnostik beginnt mit einer detaillierten sexuellen Anamnese, bei der Dauer, Schweregrad und situative Abhängigkeit der Erektionsprobleme erfasst werden. Ergänzend kommen validierte Fragebögen wie der International Index of Erectile Function (IIEF) zum Einsatz. Neben der allgemeinen und medikamentösen Anamnese erfolgt eine körperliche Untersuchung mit Fokus auf hormonelle oder neurologische Auffälligkeiten wie Körperbau, Behaarung und Hodengröße.
Laboruntersuchungen helfen, mögliche Ursachen wie niedrige Testosteronspiegel, Blutzuckerprobleme, Cholesterinerhöhungen oder Schilddrüsenstörungen zu identifizieren. Eine psychologische oder psychiatrische Abklärung kann sinnvoll sein, um psychogene Ursachen zu erkennen. Zur Beurteilung des Blutflusses im Penis wird eine Dopplersonographie durchgeführt, die mit einer medikamentösen Stimulation kombiniert werden kann. Bei Verdacht auf vaskuläre Ursachen kann eine nächtliche Erektionstests (penile Tumeszenzmessung) im Schlaflabor erfolgen. Falls eine schwerwiegende Durchblutungsstörung als Ursache vermutet wird, können weiterführende Untersuchungen wie eine Arteriographie und Kavernosometrie mittels CT durchgeführt werden.
Therapie
Lebensstiländerungen
Eine Anpassung der Lebensgewohnheiten ist eine der wichtigsten und erfolgreichsten Maßnahmen zur Behandlung einer ED. Der Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum kann die Gefäßfunktion verbessern. Regelmäßige körperliche Aktivität und eine gesunde Ernährung, insbesondere die mediterrane Diät, haben einen positiven Einfluss auf die Durchblutung. Stressmanagement und psychologische Unterstützung können ebenfalls hilfreich sein. Diese Maßnahmen haben nicht nur eine direkte Wirkung, sondern verstärken auch die Effektivität anderer Therapien.
Medikamentöse Therapie
Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE-5-Hemmer) sind die am häufigsten eingesetzten Medikamente zur Behandlung der ED. Zu diesen gehören Sildenafil (Viagra), Tadalafil (Cialis), Vardenafil und Avanafil. Diese Medikamente verbessern die Durchblutung des Schwellkörpers, indem sie die Wirkung von Stickstoffmonoxid (NO) verstärken. Sie sind jedoch keine erektionsauslösenden Substanzen, sondern unterstützen die natürliche Reaktion auf sexuelle Stimulation.
Wichtig ist, dass PDE-5-Hemmer nicht mit Nitraten oder Stickstoffmonoxid-Donatoren kombiniert werden dürfen, da dies zu einem gefährlichen Blutdruckabfall führen kann. Bei Patienten mit Bluthochdruck oder Herzerkrankungen ist eine ärztliche Rücksprache erforderlich, insbesondere wenn bereits andere Blutdruckmedikamente eingenommen werden.
Schwellkörper-Autoinjektionstherapie (SKAT)
Falls PDE-5-Hemmer nicht wirken, kann eine Schwellkörperinjektionstherapie mit Alprostadil angewendet werden. Dabei injiziert der Patient das Medikament direkt in den Schwellkörper des Penis. Die Erektion tritt innerhalb von fünf bis fünfzehn Minuten ein und hält je nach Dosierung bis zu einer Stunde. Mögliche Nebenwirkungen sind Schmerzen an der Einstichstelle, Blutergüsse oder Priapismus, eine anhaltende Erektion von über zwei Stunden.
Vakuumtherapie
Bei Patienten, die keine Medikamente einnehmen dürfen oder auf diese nicht ansprechen, kann eine Vakuumpumpe eingesetzt werden. Dabei wird durch einen Kunststoffzylinder ein Unterdruck erzeugt, der Blut in den Schwellkörper zieht. Eine Erektion wird durch das Anlegen eines Gummirings an der Peniswurzel stabilisiert. Nebenwirkungen können Schmerzen oder ein unangenehmes Kältegefühl sein. Manche Patienten berichten auch von einer erschwerten Ejakulation.
Penile Revaskularisation (Gefäßchirurgische Therapie)
Bei jüngeren Patienten mit traumatisch bedingter ED kann eine gefäßchirurgische Behandlung in Betracht gezogen werden. Dabei wird eine penile Revaskularisation durchgeführt, um die Blutversorgung wiederherzustellen. Die Erfolgsrate liegt bei sorgfältig ausgewählten Patienten zwischen sechzig und siebzig Prozent.
Penisimplantate (Prothesen)
Falls alle anderen Therapieoptionen versagen, besteht die Möglichkeit einer Penisprothese. Hierbei gibt es semirigide und hydraulische Implantate. Hydraulische Implantate bestehen aus aufblasbaren Zylindern, die über eine Pumpe aktiviert werden, während semirigide Prothesen eine dauerhafte Steifigkeit aufweisen. Die Erfolgsrate liegt bei über neunzig Prozent, jedoch ist das Verfahren irreversibel.
Nachsorge
Da ED oft ein Anzeichen für zugrunde liegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder hormonelle Störungen ist, sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen erfolgen. Eine jährliche urologische Untersuchung hilft, den Therapieerfolg zu überwachen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Eine kardiologische Abklärung wird insbesondere bei Patienten mit weiteren Risikofaktoren empfohlen. Die Therapie sollte regelmäßig überprüft werden, um sicherzustellen, dass sie weiterhin effektiv ist und mögliche neue Beschwerden frühzeitig erkannt werden.
Quelle: EAU Leitlinien 2025
Leitende Ärzte

Dr. med. Martin Koser
Chefarzt
Dr. med. Martin Koser
- Seit 3/2025 Chefarzt, Klinik für Urologie, robotische urologische Chirurgie und urologische Onkologie, Krankenhaus Salem, Heidelberg
- Akkreditierter Operateur am da Vinci Roboter-OP-System mit über 15 Jahren Erfahrung und mehr als 1500 robotisch-laparoskopischen Operationen
- Schwerpunkt große urologische Tumorchirurgie
- Zusatzbezeichnung medikamentöse Tumortherapie
- 2021-2025 Leitender Oberarzt, Klinik für Urologie, robotische urologische Chirurgie und urologische Onkologie, Krankenhaus Salem, Heidelberg
- 2013-2021 Leitender Oberarzt am Klinikum Ludwigshafen
- 1996-2013 Facharztausbildung und Oberarzt in der Urologie am Klinikum Ludwigshafen
- 1994-1996 Chirurgisches Jahr und erste Assistenzarztstelle in der Urologie in Köln
- 1987-1994 Studium der Humanmedizin an der Ruprecht Karls Universität Heidelberg und der Université de Nice